Das Bindegewebe und die Zellmembrane als therapeutische Schnittstelle

16 August 2010 von | Kategorie: Allgemein

 

Der russische Bakteriologe und Nobelpreisträger Illja Metschnikow (Entdeckung der Phagozyten und Phagozytose) postulierte schon 1908Wir sind so alt wie unser Bindegewebe“

In Rudolf Virchows Buch „Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebslehre“ von 1858, kann man in den Vorlesungen 18-20 lesen, „dass die Entwicklung von Neubildungen immer von Bindegewebe ausgeht“, ganz gleich, ob es Krebs oder Tuberkelgranulome sind. Desweiteren beschreibt er bei diesen Neubildungen „Entzündungsprozesse und das Vorkommen von Eiter“. Fehlinterpretationen seiner Lehre führten dazu, dass in der heutigen schulmedizinischen Auffassung aber das Genom und die einzelne Zelle mit ihrer Entartung im Vordergrund der Forschung steht. Erstaunlich, da sich nach neuesten Kenntnissen nur ca. 5% bis 10 % der Krebserkrankungen auf erbliche Anlagen zurückführen lassen.

Erst die langsam voranschreitende Erforschung des Grundsystems, auch Matrix genannt, durch Pischinger, Heine und Hecht, geben uns mehr Einblicke in die Wichtigkeit des Bindegewebes, zeigen uns neue Anhaltspunkte in der Entstehung aber auch im Heilungsprozess des Organismus bei Neoplasien. 

Daraus ergeben sich auch die naturheilkundlichen Ansätze wie Entschlackung  und Entsäuerung der Gewebe (bes. bei der harnsauren Diathese) und die Beseitigung von Folgeerscheinungen, die zu gestörter Zellatmung und Zellenergiegewinnung führen. Diese Hypothese stellte schon 1924 der Arzt und Nobelpreisträger Otto H. Warburg auf : „Krebszellen machen zu viel Gärung und zu wenig Verbrennung“. Die Geschwindigkeit des Wachstums von Krebszellen ist abhängig von Stoffwechselprozessen die schnell viel Energie bereitstellen. Diese Prozesse finden in den Mitochondrien, den Kraftwerken der Zellen statt. Auf diesem Prinzip beruht auch die Positronen- Emissions-Tomographie (PET) die Schnittbilder vom lebenden Organismus liefert. Sie nutzt radioaktiv markierten Traubenzucker um Stoffwechselvorgänge im Körper sichtbar zu machen, da Krebszellen mehr Glycose verbrennen als normale Zellen. Forscher aus Jena konnten 2006 an Tierversuchen bei Dickdarmkrebs durch eine erzwungene aerobe Atmungsumstellung der Zellen eine Hemmung des Tumor-wachstums bewirken. Eine zweite Untersuchung machte genau den umgekehrten Weg und förderte eine anaerobe Verbrennung von Traubenzucker was zum Krebswachstum führte (1,2). Glycosehemmende Medikamente wären die Schlußfolgerung aber auch sie würden nicht die Ursache der anaeroben Verbrennung beheben. 

Die Krebszelle oder Krebsstammzelle gibt es nicht und man wird sie auch nie finden.

Entscheidend ist es doch, den Menschen als Individuum zu verstehen und seine Gesamtheit „Körper-Geist-und Seele“ in die Behandlung mit einzubeziehen. Der Pathologe W. Sandritter (1962) beschreibt es passend „Der Mensch ist mehr als die Summe seiner Zellen und Organe. Seine Krankheit und Tod sind mit Methoden der Naturwissenschaft nur unzulänglich zu erkennen“.

Wir wissen heute, dass sich die Entwicklung eines Tumors in 6-15 und noch mehr Jahren vollzieht.

Das Grundsystem


Dieser Prozess beginnt mit Dysregulierung und Dysmineralisierung der Grundsubstanz, der extrazellulären Matrix (ECM), die z.B. durch Umweltgifte, Strahlung, Überschuss an freien Radikalen, psychischen Stress und viele andere Faktoren ausgelöst wird (Prof. K. Hecht).

Die ECM dient den Menschen als zentrales Regulationsorgan, das als Schutzschild mit Filterfunktion fungiert (ein molekularer Filter) um das Parenchym (die Funktionszellen) z.B. vor Übersäuerung, Giften aber auch vor schädlichen Bakterien und Viren zu schützen, da es eine enorm große Speicherkapazität und Adsorptionsfähigkeit (Oberflächehaftung) aufweist und so auch eine immunologische Barriere darstellt. Mit Abnahme der Siebfunktion und mit einer Verdichtung des Bindegewebes, die physiologisch im Alter stattfindet, verliert das Grundsystem die Selbstregulierungsfunktion und ihre Aufgabe als Transitstrecke für alle lebensnotwendigen Stoffe und Informationen welche die Zellen erreichen sollen, aber auch für Abfallprodukte (Toxine) die von der Zelle entsorgt werden müssen. Die Zelle kann ihrer physiologische Funktion nicht mehr gerecht werden und es kommt zu einer Änderung in der Energiegewinnung (ATP) der Mitochondrien, die Wartburg als Gärungsprozesse mit Milchsäurebildung (Lactatbildung) beschrieben hat. In der Zelle wird von aerober Atmung auf anaerobe Zellatmung umgeschaltet. Die Zelle braucht nicht mehr unbedingt Sauerstoff zur oxidativen Energiegewinnung und die Folgen können u.a. Fehler in der Replikation, also im Zellteilungsprozess sein. Nun kann es zu ersten Mutationen kommen. Gleichzeitig ändert sich auch das Spannungspotential an der Zellmembrane und ist bei  Krebserkrankung schon von dem Anatomen und Physiologen Luigi Galvani (1737-1798) als „Verletzungsstrom“ beschrieben, der sich als positives elektrisches Potential zeigt. Das Verletzungspotential kommt durch die Zerstörung der Zellmembranen zustande. Auch konnte Becker (1994) nachweisen, dass am menschlichen Tumorwachstum  immer die höchste Negativität auswies, die er mit seinen Gleichstrommessungen erfassen konnte (3).

Leinöl mit hohem Heilungspotential auf Zellmembranen


Die Dipl. Chemikerin Frau Dr. Johanna Budwig schlußfolgerte daraus, dass man durch bestimmte Ernährung diesen Prozess umkehren könnte. Sie entwickelte die Öl-Eiweißkostdie keine Diät darstellt“ sondern eine Ernährungsumstellung und Integration von schwefelhaltiger Eiweißkost wie Hüttenkäse oder Quark und hoch mehrfach ungesättigte Fettsäuren wie Omega-3 aus Leinsamen und Leinöl (4,6). Wenn wir uns nun anschauen, dass die Lipiddoppelschicht der Zellmembranen zu 75% aus ungesättigten Fetten bestehen, mit dem Hauptbestandteil Lecithin und hauptsächlich diejenigen Fette eingebaut werden, die wir uns täglich zuführen, kann man leicht verstehen, dass schlechtes Fett, wie Transfettsäuren oder gehärtete Fette für unseren Organismus nicht zuträglich sind, sondern sogar Krebs auslösen können. Diese Feststellung und Äußerung kostete Frau Dr. Budwig ihren Job als Obergutachterin für Fette und Arzneimittel in hoher staatlicher Funktion. Wie es der Zufall so wollte war es genau die Zeit in der Magarine mit ihren gehärteten Fettanteilen ihren Siegeszug als „gesundheitsbringend“ antrat.

Der Organismus versucht eine gleichbleibende innere Homöostase aufrecht zu erhalten. Kommt sie aus der Balance entstehen Krankheiten. So haben es schon die Hippokratiker (um 400 v. Chr.) mit ihrer Viersäftelehre beschrieben.

Das Leben steuert die Gene


So wie die Zelle sich in ihren Millieu befindet, der extrazellulären Matrix, so befindet sich der Mensch in seinem Millieu, in seiner Umwelt. So wie sich der Mensch ernährt und seine Umwelt gestaltet, so gestaltet sich sein inneres Millieu.

Wenn man nun glaubt, dass alle Prozesse, Funktionen und Struktur des menschlichen Körpers sowie alle seine Krankheiten in der Anlage als genetische Information codiert abgespeichert seien, wird man schnell eines Besseren belehrt. Unser Körper stellt ungefähr 100.000 verschiedene Proteine her, die Bausteine der Zellen. Alle diese 100.000 Proteine müssen präzise koordiniert zusammengesetzt werden, damit sie das Leben unterstützen. Dazu müssten aber noch ca. 20.000 Regulationsgene vorhanden sein um den präzisen Tanz der Proteinherstellung zu dirigieren. Nun hat aber der menschliche Organismus nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen nur ca. 20-30.000 Gene (der Reis, Oryza sativa ca. 40-60.000 Gene). Diese würde also nicht im Ansatz ausreichen um alle diese Funktionen genetisch zu steuern.

Daraus kann man schlußfolgern, dass „Nicht Gene das Leben steuern“  sondern „Das Leben steuert die Gene“.  Das läßt sich auch daran sehen, dass wenn man den Zellkern entfernt (in dem die Erbinformation enthalten ist) die Zelle für ca. 2 Monate weiterfunktioniert bis sie an Überalterung abstirbt, weil sie sich nicht mehr teilen kann.

So rückt die Zellmembran mit ihren Rezeptoren als Komunikations-Schnittstelle zur Umwelt (ihrem Millieu) und ihren Spannungspotential (äußere Zellmembrane ist positiv geladen und das Innere der Zelle negativ) ins Zentrum des Geschehens. Der Geist ist der Schöpfer der Materie wie uns der neue Zweig der Neuropsychologie die „Neuroplastizität“ und die „Epigenetik“ nahe bringt. 

 „Die Ausrichtung der Aufmerksamkeit  beeinflusst die Reaktionsweise des Gehirns, und diese Veränderungen hinterlassen physische Spuren, die man mit bildgebenden Verfahren im Gehirn sichtbar machen kann“ (Prof. Jeffrey Schwartz, Uni Californien).


 Die Paralellen zum Buddhismus liegen hier sehr nahe. 

„Es sind die äußeren Einflüsse welche die Reaktionen im Inneren der Zelle auslösen. Jeder einzelne Gedanke oder jedes einzelne Gefühl setzt eine bestimmte Kaskade von biochemischen Stoffen in unseren Organen frei. Jede einzelne Erfahrung löst genetische Veränderungen in unseren Zellen aus. 

Die Umgebung, die Gene aktiviert, umfasst sowohl die innere Umgebung – die emotionale, biochemische, mentale, energetische und spirituelle Landschaft eines Menschen – als auch die äußere Umgebung. Die äußere Umgebung beinhaltet das soziale Netz und die ökologischen Systeme, in denen ein Mensch lebt. Ernährung, Toxine, gesellschaftliche Rituale und sexuelle Auslösereize sind Beispiele für Einflüsse aus der äußeren Umgebung, die die Genexprimierung beeinflussen.

 Forscher entdecken derzeit, dass wir zwar eine festgelegte Gensequenz in unseren Chromosomen haben, doch welche von diesen Genen aktiviert werden, hat viel mit unseren subjektiven Erfahrungen zu tun und damit, wie wir diese verarbeiten.

Gedanken und Gefühle schalten Gengruppen in komplexen Mustern an und ab. Daher verstärken die Gedanken, die wir denken (die Qualität unseres Bewusstseins), den Informationsfluss entlang unserer Nervenbahnen“(7,Dawson Church-Die neue Medizin des Bewußsseins).

Die Epigenetik liefert uns dafür die wissenschaftliche Beweise.


 

Die DNA-Methylierung ist ein wichtiger Schutzmechanismus um genetische Eindringlinge „stumm zu schalten“. Üblicherweise werden durch sie die ausgeschalteten Gene gekennzeichnet.

Epigenetische Markierungen werden ständig neu gesetzt und erneuert, um den Organismus schnell an neue Umweltbedingungen anzupassen zu können, eine Art biologische „Adoptionspolizei und Umweltschutz“ zugleich. 

Die im grünen Tee enthaltene Substanz Epigallocatechin-3-gallat (EGCG) sorgt z.B. dafür, dass Gene, welche die Entstehung von Krebszellen unterbinden, aber ausgeschaltet sind, wieder aktiviert werden. Grüner Tee löst die Methylgruppen von dem abgeschalteten Gen und schaltet es einfach wieder an. Das aktivierte Gen produziert daraufhin einen körpereigenen Stoff, der den Krebs bekämpft (8).

Tumorzellen tragen fast immer zu wenige Methylgruppen am Genom. An bestimmten  Stellen dann wieder zu viele. Hier greift die Wirkung von grünem Tee. Wie die Wissenschaftler inzwischen zeigen konnten, wirkt das in Sojabohnen vorkommende Pflanzenhormon Genistein ähnlich bei Prostatakrebs und Lungenkreszellen (9,10,11,12,13).

Wenn sich nun tatsächlich die Methylierung des Genoms durch Nahrung verändern läßt, sprich bestimmte Abschnitte aktiviert oder deaktiviert werden (z.B. durch Inhaltsstoffe vom grünem Tee), dann heißt das ja, dass grüner Tee in die Konstitution des Organismus eingreift. Das wäre sozusagen ein Beweiß dafür, dass die Phytotherapie eine hochwirksame Konstitutionstherapie ist. Das könnte so weit gehen, dass wir genetisch determinierte Krankheiten die durch ihre Methylierung bestimmt sind, mit der westlichen Phytotherapie rückgängig machen können. 

Es muß also in der Therapie eine Umstimmung der fehlgelaufenen Prozesse stattfinden. Sowohl auf der körperlichen und zellulären Ebene, die wir recht schnell und gut erreichen können, aber auch auf der geistigen und seelischen Ebene, was mehr Mitwirkung des Patienten voraussetzt und länger dauert.

Weitere Substanzen die man bis jetzt gefunden hat welche auf die DNA-Methylierung Einfluss nehmen sind z.B.: Curcumin, Apfelsaft-Polyphenole, Parthenolide aus Chrysanthemum parthenium, Isothiocyanate aus Kresse, Selen, Folsäure, Cholin und Vit. B12 (Fang et al, J of Nutrition 2007, Johnson and Belshaw, FCT 2008).

Den menschlichen Körper in seiner Vollkommenheit zu erfassen mit all seinem Stoffwechselgeschehen, sowie physischen und psychischen Komponenten wird uns niemals gelingen. Wenn wir einen Hauch davon in den nächsten Jahrzehnten erfassen ist das wahrscheinlich schon sehr viel. Dazu kommt noch, dass man immer wieder über seinen Tellerrand hinausschauen muß, was aber die einzelnen Forschungsrichtungen leider nicht mehr hinbekommen, da jede eine andere Sprache spricht, sozusagen ein moderes „Babylon“.

(1)Induction of Oxidative Metabolism by Mitochondrial Frataxin Inhibits Cancer Growth OTTO WARBURG REVISITED* http://www.jbc.org/content/281/2/977.full
(2)Targeted disruption of hepatic frataxin expression causes impaired mitochondrial function, decreased life span and tumor growth in mice. http://www2.uni-jena.de/biologie/ieu/he/own_pub/Thierbach_HMG2005.pdf
(3)Prof. K.Hecht, E.Hecht-Savoley“Naturmineralien, Regulation, Gesundheit“ Schibri Verlag 2008 und Anregungen zum neuen Denken in der Krebsphilosophie und Krebstherapie
(4)Dr. J.Budwig „Öl-Eiweißkost“ und „Krebs, das Problem und die Lösung“
(5)Becker, Robert O.: "Der Funke des Lebens - Heilkraft und Gefahren der Elektrizität" 1994
(6)http://www.kim-ortenau.de/mediapool/14/144105/data/Info-Download/Oele_Fette/Die_Oel-Eiweisskost_gegen_Krebs.pdf
(7)Dawson Church „Die neue Medizin des Bewußsseins“
(8)http://cancerres.aacrjournals.org/content/63/22/7563.full
(9)http://www.geo.de/GEO/mensch/medizin/53101.html?p=2
(10)http://jn.nutrition.org/cgi/content/abstract/137/1/223S
(11)http://iv.iiarjournals.org/content/24/4/393.abstract
(12)http://ar.iiarjournals.org/content/29/6/2025.abstract
(13)http://tumore-fallen-nicht-vom-himmel.de/geschichte-der-biologischen-krebstherapie/
http://epigenome.eu/de/2,55,1148
http://www.max-wissen.de/Fachwissen/show/5543.html
Bruce Lipton „Intelligente Zellen: Wie Erfahrungen unsere Gene steuern“
Hartmut Heine „Lehrbuch der biologischen Medizin (Hippokrates Verlag)

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