Was hat blaues Blut mit Schnecken und Löwenzahn zu tun?

14 Juli 2021 von | Kategorie: Inhaltsstoffe

 

Der Blutkreislauf der Schnecken
Der Blutkreislauf der Schnecken ist grundsätzlich offen. Das bedeutet, dass Schnecken zwar einige grundlegende Blutgefäße besitzen (so zum Beispiel eine Lungenvene, die von der Lunge zum Herzen führt, und eine Körperschlagader oder Aorta), aber das Blut kreist frei zwischen den Organen. Dort Schneckemischt es sich mit der Lymphflüssigkeit zur Hämolymphe. Das Herz einer Schnecke hat zwei Kammern, eine Vorkammer und eine Herzkammer. (1)

Anders als beim roten Blutfarbstoff, dem menschlichen Hämoglobin das eisenhaltig ist um Sauerstoff zu binden, haben viele andere Lebewesen Hämolymphe. Hämoglobin, beziehungsweise Häm, ist wiederum fast identisch mit Chlorophyll. Der feine Unterschied liegt im Zentralatom. Bei Häm ist es das Eisen und beim Chlorophyll ist es Magnesium.

Gliederfüßer (Arthropoda oder Arthropoden) ist solch eine Gruppe der Tiere mit Hämolymphe. Zu ihnen gehören zu Beispiel Insekten, Tausendfüßer, Krebstiere (z.B. Krebse, Entenmuscheln), Spinnentiere (z.B. Spinnen, Skorpione, Milben) und die ausgestorbenen Trilobiten. Gliederfüßler sind auf diesen Planeten sehr erfolgreich. Sie verteilen sich auf beinahe eine Million Insektenarten, knapp 10.000 sonstige Sechsfüßer, etwa 16.000 Tausendfüßer, gut 100.000 Spinnentiere und knapp 50.000 Krebstiere.

Die Weichtiere (Mollusca oder Mollusken), die zweite Gruppe, wie Krebse, Spinnentiere, Muscheln, Schnecken und Tintenfische, schwangt in ihrer Gesamtzahl von 100.000 Arten bis manchmal lediglich 50–60.000 Arten.

Hämolymphe enthält keine roten Blutkörperchen und ähnelt einer Mischung von Blutplasma und Lymphflüssigkeit. Die meist farblose Flüssigkeit ist unter anderem Transporteur von Nährstoffen, Hormonen und Stoffwechselprodukten. Die Hämolymphe vermittelt den Temperaturausgleich und hat bei der Abwehr von Krankheitserregern oder dem Wundverschluss eine ähnliche Funktion wie das menschliche Blut.

Hämocyanin ist der blaue Anteil der Hämolymphe und kann wiederum mit zwei Kupfer-Ionen das Sauerstoff bindet. Insbesondere von Mollusken, ruft es starke Abwehrreaktionen des Immunsysteme von Säugetieren hervor, ist jedoch völlig ungiftig und wird schnell abgebaut. Es wird daher als Adjuvans verwendet, aber auch in der Krebstherapie eingesetzt. Hämocyanin ist der zweithäufigste Sauerstofftransporter in der Tierwelt. Sauerstofffreies Hämocyanin ist farblos, mit gebundenem Sauerstoff hat es eine blaue Farbe. Bei sehr niedrigen Temperaturen ist Hämocyanin jedoch Hämoglobin überlegen. (2)

Medizin aus dem blauen Blut von Meeresschnecken
Auf dem Meeresgrund vor den Küsten Südkaliforniens bis nach Mexiko kriecht eine lebende Apotheke: Aus der Hämolymphe, einer Art Blutersatz bei wirbellosen Tieren, der Schlüssellochschnecke Megathura crenulata gewinnt das Fellbacher Pharmaunternehmen biosyn Arzneimittel GmbH ein Medikament gegen Harnblasenkrebs. Auch als Trägermolekül für verschiedene Antigene von therapeutischen Impfstoffen wird der blaue Blutfarbstoff der Meeresschnecke derzeit getestet. (3)

 

Pigmentstörungen und Skorpione
Pandinus imperator, der Kaiserskorpion, ist nicht nur als Haustier relativ beliebt, er ist auch für die Forschung interessant. Grund dafür ist sein blaues Blut, das den Sauerstoff transportiert und im ganzen Körper verteilt. Der blaue Blutfarbstoff Hämocyanin des Kaiserskorpions, zeigt in seiner Struktur eine sehr große Ähnlichkeit unter anderem mit der menschlichen Tyrosinase.

Die Tyrosinase (hat als Co-Enzym Kupfer), das Schlüsselenzym der Melaninsynthese, gehört zu einer Gruppe von besonderen Molekülen, die in allen Organismen vorkommen und viele unterschiedliche Funktionen haben: Färbung von Haut, Haaren und Augen, Immunreaktionen, Wundheilung oder Braunfärbung beim Obst. Die Tyrosinase in Pflanzen hat zusätzliche Funktionen und heißt Polyphenoloxidase. Bei einer Mutation der Enzyme kann es zu Albinismus und bei einer verstärkten Produktion des Pigments Melanin zu Leberflecken, aber auch zu Melanomen kommen. Hämocyanin ist mit den Tyrosinasen so stark verwandt, dass sie sich mit Aktivierungsmechanismen sogar zu Tyrosinasen umwandeln lassen. (4)

Warum wird Löwenzahn nie krank?
Pflanzen haben, wie gesagt, Enzyme namens Polyphenoloxidasen, die bestimmte chemische Verbindungen oxidieren können und so den typischen braunen Farbstoff herstellen, den wir zum Beispiel von angeschnittenen Äpfeln kennen. Der Löwenzahn gehört zu den Milchsaftführenden Pflanzen wie einige andere Korbblütler auch. Vielleicht schützt der Milchsaft den Löwenzahn vor Krankheitserregern? Es ist schon lange bekannt, dass der Milchsaft neben den bekannten phenolischen Bitterstoffen auch ein Protein enthält, das eine sogenannte Polyphenoloxidase ist. Polyphenoloxidasen gibt es in vielen Pflanzen; sie oxidieren chemische Verbindungen, die Diphenole, mithilfe von Luftsauerstoff, und die dabei entstehenden Chinone sind „giftig“ – man kann auch sagen, dass sie antimikrobiell wirken, weil sie sehr reaktiv sind: Sie reagieren mit anderen Biomolekülen und inaktivieren sie auf diese Weise. Die Chinone reagieren aber auch mit sich selbst und bilden dabei ein braun gefärbtes Polymer, also ein Riesenmolekül. So setzt die Pflanze eine Art Entgiftungsreaktion in Gang, mit der sie sich selbst vor den Chinonen schützt. Wir kennen diese „Verbräunungsreaktion“ nicht nur von der Löwenzahnmilch, sondern zum Beispiel auch von angeschnittenem Obst wie Äpfeln und Bananen, die an der Luft schnell braun werden und sich so bei Verletzungen so vor dem Eindringen von Krankheitserregern schützen. (5)

Adel verpflichte – Woher kommt das Sprichwort das der Adel blaues Blut hat?
Um sich von den Arbeitern auf dem Feld abzuheben sprach man im Mittelalter davon, dass der Adel blaues Blut hätte. Dies kam dadurch zustande, dass die Bauern auf dem Feld täglich der prallen Sonne ausgesetzt waren und somit eine dunklere Hautfarbe hatten. Somit waren die Venen durch die Haut nicht mehr zu sehen. Der Adel hingegen hielt sich hauptsächlich in den Villen und Burgen auf, wodurch die Haut blass blieb und die Venen bläulich durch die Haut schienen. Die Regenwürmer haben rotes, hämoglobinhaltiges Blut und die Schnecke blaues, hämocyaninhaltiges Blut. (6)

 

(1) http://www.weichtiere.at/Schnecken/index.html?/Schnecken/morphologie/organsysteme.html)

(2) Wikipedia

(3) https://www.gesundheitsindustrie-bw.de/fachbeitrag/aktuell/medizin-aus-dem-blauen-blut-von-meeresschnecken

(4) https://www.scinexx.de/news/biowissen/pigmentstoerungen-auf-der-spur/

(5) https://www.uni-muenster.de/news/view.php?cmdid=10344

(6) http://daten.didaktikchemie.uni-bayreuth.de/umat/haemocyanin/Haemocyanin.pdf

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