Ohne Moos nix los – Moose, Überlebenskünstler der Urzeit

22 Januar 2023 von | Kategorie: Pflanzenmonographie

 

Moose (Bryophyten)
Die Moose, also die Gruppe der Bryophyta, sind leider eine sehr vernachlässigte Gruppe der echten Landpflanzen worüber die Menschen im allgemeinen wenig wissen. Einige Moosarten werden im Biowindeln verarbeitet durch ihre hohe Wassersaugfähigkeit.  Eine weitere Ausnahme im wirtschaftlichen Bereich, bilden etwa 250 Arten der Sphagnum-Moose, die die mächtigen Torflager der Moore aufgebaut haben. Auch wurden Moose gerne im Schiffsbau oder zur Holzhüttendämmung benutzt um die Zwischenräume zu verschließen.

Moose sind Pflanzen, die in drei Klassifizierungen unterteilt sind: Hornmoose, Lebermoose und Laubmoose. Es gibt zirka 16.000-25.000 Arten von Moose und sie haben sich seit 350 Millionen Jahren kaum verändert. Da die fossilen Moose den gegenwärtigen Arten stark ähneln, scheinen sie seit dieser Zeit einem nur geringen Selektionsdruck ausgesetzt gewesen zu sein. Seit langem ist bekannt, dass Moose keinerlei Fressfeinde haben. Der Grund dafür sind die biologisch aktiven Inhaltsstoffe, die höhere Tiere genauso abwehren wie Insekten und Schnecken. Auch Pilze und Bakterien haben keinen Weg gefunden, Moose zu zersetzen. Sogar Viren konnten bisher in keinem einzigen Moos nachgewiesen werden.

Ihre Entwicklung liegt weit zurück in der Vergangenheit unserer Erdgeschichte. Im Verhältnis zur Entstehung der Menschen, die etwa vor 2 Millionen Jahren vom Baum gekrochen kamen und in der jetzigen Erscheinung etwa 300.000 Jahre exestieren, sind Moose die Überlebenskünstler der Uhrzeit. Bevor es Gefäßpflanzen wie Bärlapp-Pflanzen, Farne und Samenpflanzen gab, entstanden die Moose als die ersten Landpflanzen vor etwa 400-450 Millionen Jahren. Sie bildeten damit die Grundlage für alle Lebensformen

Gelbflechte

auf diesem Planeten. Moose, Pilze und Flechten (Bild rechts Gelbflechte) sind  also die Urgestalten der Erde. Pilze sind die älteste Lebensform außerhalb des Wassers, aber sie gehören jedoch nicht zur Pflanzenwelt. Flechten sind eineUntergruppe der Pilze, die in einer Symbiose mit Pilze und eine oder mehrere Algen leben.

Entstehung und speichern von Radioaktivität

Die Moose und Flechten entstanden etwa zur gleichen Zeit vor rund 500 Millionen Jahren aus den Algen im Meer. Obwohl es ältere paläontologische Hinweise auf eine Symbiose aus Pilz und Alge aus Südchina gibt, die rund 600 Millionen Jahre alt sind, kamen diese Funde wahrscheinlich nur im Wasser vor.

Beide Gruppen haben in einer Zeit gelebt, in der die Erdatmosphäre noch völlig anders zusammengesetzt war als heute und können daher auch mit den ungewöhnlichsten Umweltbedingungen zurecht kommen. Sie haben die Eigenschaft Schwermetalle und radioaktive Elemente zu binden und haben ähnlich wie Pilze, die ja auch gerne Strahlung und Schwermetalle anreichern, eine hohe Affinität zu diesen Elementen.

Auch Flechten speichern radioaktive Substanzen. So kann man sie sehr gut zur Überwachung des radioaktiven Niederschlags nach atmosphärischen Kernwaffentests oder nach Reaktorunglücke wie der von Tschernobyl heranziehen. So gelangten große Mengen radioaktiver Isotope nach Finnland und wurden dort von Rentierflechten (Cladonia) aufgenommen.

 

Moose haben eine besonderer Fähigkeit zum alt werden. Auch wenn die DNA der Moose durch Strahlung angegriffen wird, entwickeln sich die Moose unbeirrt weiter, ohne dass Mutationen das Wachstum beeinflussen. Da stellt sich mir natürlich gleich die Frage, ob Moose nicht zur Bindung und Ausleitung von Radioaktivität und Schwermetallen in der Phytotherapie verwendet werden können. Moose haben auch die Fähigkeit sich selbst zu regenerieren zum Beispiel wenn etwa ein Stück Ast abbricht. Dies verdanken sie den Scheitelzellen, die nur in Farnen, Algen und Moosen vorkommen. Jedes abgerissene Stück Moos kann unzählige neue Scheitelzellen hervorbringen, vermehren und daraus können dann neue Moose entstehen.

Moose besitzen keine Wurzeln wie wir sie von Pflanzen, sondern können über die kleinen Härchen und Membranen Feuchtigkeit und Nährstoffe aufnehmen und sich mit ihren Rhizoiden auf Steinuntergrund anheften, denn vulkanisches Gestein war die erste Bodengrundlage und das haben Moose hervorragend bewältigt um Humus herzustellen. Fehlt die Feuchtigkeit, stellen sie ihren Stoffwechsel ein und werden erst wieder aktiv, wenn die Umweltbedingungen stimmen. Durch die Verrottung bilden sie mit den Flechten den Nährboden für die Pflanzenwelt, wo die ersten Bäume, die Eospermatopteris, aus dem Erdzeitalter des Devon, vor etwa 392 Millionen bis 385 Millionen Jahren entstehen könnten. Sie bildeten die ersten terrestrischen Wälder der alten Welt auf unserem Planeten. Leider sind diese Bäume ausgestorben und liegen uns nur noch als fossile Funde vor.

In der Arktis wachsen Moose mit einer Geschwindigkeit von nur 0,5 cm pro Jahr. Die ältesten Funde wurden in diesen Gegenden gemacht und sind um die 1.500 Jahre alt und das erstaunlich ist das sie immer noch leben.

Anwendung

Bei der Heilwirkung hört aber das Wissen über die Moose auf. Wie man sie medizinisch Anwendet ist leider nach dem Zweiten Weltkrieg völlig in Vergessenheit geraten. Im Krieg wurden Moose durchaus noch als Wundauflagen bei Verletzungen verwendet. Auch bei Fuß-und Hautpilz-Erkrankungen kann man sie gut äußerlich verwenden, da sich die Moose in der Natur ja auch selbst vor Pilz- und Bakterienbefall schützen müssen.

Eine Moosart die schon im Mittelalter Verwendung fand war das Lebermoos. Aufgrund ihres Aussehens galt das Lebermoos in der Medizin des Mittelalters als Mittel gegen Leberbeschwerden. Aber auch als Extrakt zum Schutz vor Pilzerkrankungen wie Mehltau,  Grauschimmelfäule und gegen Rosenrost und andere Rostkrankheiten kann man es einsetzen. Auch Schnecken sollen mit Lebermoos behandelte Pflanzen meiden.

Und vielleicht haben einige der Moosarten ja auch ähnliche Wirkungen auf den Menschen bei Pilzerkrankungen. Da denke ich natürlich direkt an  Candida im Darm und Scheidenbereich.

Jeder hat wohl schon mal festgestellt das frischer Curcuma Monate lang in der Küche liegen kann, ob Winter oder Sommer, ohne zu vergammeln. Bis er dann irgendwann austrocknet ist. Das zeigt seine starke Wirkung gegen Bakterien und Pilzbefall so wie es sich auch beim Meerrettich verhält.

Darum kann man beide Pflanzen in der Phytotherapie auch mit dieser Indikation einsetzten.

Hier sieht man, dass Pflanzenheilkunde eine Beobachtungsheilkunde ist. Bevor man die modernen wissenschaftlichen Methoden hatte, mussten die Menschen die Natur sehr gut beobachten und daraus Rückschlüsse ziehen.

Herstellung eines Extraktes
Zwei Varianten der Herstellung eines Extraktes sind Möglich.

Die erst ist : Nehme frisches Lebermoos, weiche es über nacht in einen 10L Eimer ein und am nächsten morgen kann man es einfach zum besprühen und gießen der Pflanze benutzen.

Die zweite Variante: Nehme Lebermoos, lass es erst trocknen. Dann nehme auf 100ml 50-70% Alkohol , 10g des getrockneten Lebermooses und füge beides in ein Glas, lass es zwei Wochen im dunklen stehen und gieße dann die Tinktur durch ein Filter, wie etwa einer Bio-Leinenwindel ab. Diesen Extrakt kannst du dann mit 100ml Wasser verdünnen und die entsprechenden Stellen der Pflanze oder äußerlich auf die Haut besprühen. Über innerliche Anwendung beim Menschen gibt es keine Erfahrung mehr.

Wissenschaftliche Forschung an Moosen:

Wem sollte es wundern, auch die Pharmakologen und die Pharmaunternehmen sind an „Moos“ interessiert und den Moosen auf der Spur.

Die biozide, fungizide, akarizide, molluskizide und bakterizide Wirkung der Moose sind mittlerweile untersucht und beruhen auf eine Vielzahl chemischer Verbindungen. Mehrere hundert Moleküle konnten aus Moosen isoliert und deren Struktur aufgeklärt werden vor allem für die Krebstherapie.

THC in Moosen:

Nun haben Forscher aus der Schweiz einen THC-ähnlichen (Tetrahydrocannabinol) Wirkstoff aus dem Lebermoos „Radula perrottetii“ in Bezug auf die medizinische Nutzung analysiert. Die Substanzen (Perrottetinen) aus dem Lebermoos gehört zur Gruppe der Cannabinoide und hat eine milde psychoaktive Funktion durch aktivierung des cannabinoid Rezeptor 1 und somit eine THC-ähnliche schmerzstillende und entzündungshemmende Wirkung.

Auch die Forschung gegen Bakterien als neue Antibiotika ist an Moosen in vollen gang.

 

Wir sehen das in den Moosen noch so einiges an Potential steckt das zu erforschen gilt, denn ohne Moos ist nix los.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

RSS Feed für die Kommentare dieses Beitrags