Wald-Bingelkraut (Mercurialis perennis)

18 März 2023 von | Kategorie: Pflanzenmonographie

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Wenn man Merkur im Wald begegnet ist das eine besondere Erfahrung

Wenn man jetzt Mitte März in den noch kahlen Buchen-, Mischlaub-und Auenwäldern mit feuchten-oder Quellböden unterwegs ist, stösst man häufig auf eine unser ältesten Heilpflanzen, die nicht nur den Germanengott Odin/Wotan gewidmet war, sondern auch nach dem römischen „Götterboten“ und Gott der Händler und Diebe Merkur benannt ist. Sie hat auf den ersten Blick, durch die kräftige Grünfärbung und den spitz zulaufenden Blätter indieser Jahreszeit eine Ähnlichkeit mit den Bärlauch, aber schon schnell sieht man bei der zweiten genaueren Betrachtung das die Ränder der Blätter fein gezahnt sind und es kein Bärlauch ist. Der Botengott Merkur (griech. Hermes) soll das Pflänzchen mit eigener Hand entdeckt und auch zu Heilzwecken verwendet haben.

Die Rede ist vom fast vergessenen Mercurialis perennis auch bekannt unter Wald-Bingelkraut.

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Wolfsmilchgewächse (Euphoribaceae)

Das Einjährige-und Waldbingelkraut, und weiter 8 Arten der Gattung Bingelkräuter, gehören zur Familie der Euphorbiaceae. Diese enthällt etwa 300 Gattungen und 7500 Arten wozu auch der Kauschuckbaum (Hevea brasiliensis), Weihnachtstern (Euphorbia pulcherrima), Nahrungsmittel Manihot (Manihot esculenta) und der Purgiernuss (Jatropha curcas) die als Bio-Treibstoff in großen Stil angebaut wird und große ökologische Schäden hinterlässt gehören.
Bei uns im Umfeld von Berlin, mit den sandigen Böden ist das Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias) der wohl häufigste Vertreter dieser Familie. Aber im Gegensatz zu vielen anderen heimischen Wolfsmilchgewächsen enthält das Einjährige-und Waldbingelkraut keinen Milchsaft.

 

Rizin als Biochemisch Waffe
Eine Besonderheit aus der Familie der Wolfsmilchgewächse ist auch der Wunderbaum (Ricinus communis) wovon wir das fettige Öl aus den Samen, welches auch in der Ayurveda und bei als Abführmittel verwendet wird, gut kennen. Die Samen enthalten aber auch das hochgiftige Rizin das zur Stoffgruppe der Lektinen gehört. Dieser Stoff fällt sowohl unter die Biowaffenkonvention von 1972 als auch unter die Chemiewaffenkonvention von 1997.

Der bekanntest Einsatz von Rizin als Waffe war 1978 beim Regenschirmattentat, wo der bulgarische Journalist und Dissident in London von bulgarischen Geheimdienstagenten mit einer 40 Mikrogramm präparierten Regenschirmspitze in den Unterschenkel gestochen wurde. Georgi Markow verstarb einige Tage später im Krankenhaus an einem Kreislaufversagen als Folge der Vergiftung.

 

Namensgebung

Das Waldbingelkraut besitzt viele volkstümliche Namen wie Schißmelde oder Scheißkraut wegen seiner abführenden Wirkung, Bäumlichrut wegen seiner Wuchsform und Stinkerich weil sein Inhaltsstoff Trimethylamin das auch in Bucheckern, Weißdorn, Vaginalsekret, Ejakulat und verwesenden FischenWald Bingelkraut, Mercurials perennis, Phyto, Pflanzenheilkunde, George Brasch, Heilpraktiker, Heilpflanzenkunde, Kräutermedizin, Heilpraktiker, Heilpflanzenkunde vorkommt, seinen besonderen Geruch gibt. Mercurialis (herba Mercurialis) bedeutet Kraut des Merkur. Bingel-, Bungelkraut wird vom althochdeutschen bungo = Knoten abgeleitet.

Der römische Gott Merkur verbirgt sich übrigens auch noch in unseren Wochentag Mittwoch und der Bezeichnung für das homöopathische Mittel Quecksilber-Mercurialis da die Planetenzuordnung Merkur den Element Quecksilber gilt.

 

Botanik

Es ist eine der ersten Pflanzen die im Frühjahr in schattigen, feuchten Buchen-und Auenwälder mit ihren prächtigen grün leuchtenden Chlorophyll, später auch blaugrün glänzenden Blattspreiten, die braunen Böden des Waldes Farbe verleihen. Schon im Erdreich wird die Pflanze durch die spindelförmigen Wurzel, fertig vorgebildet, das heisst die gesägten, lanzettlich geformten kahlen Blätter und der viereckige Stängel sind bereits angelegt was man dann auch schön sehen kann wenn sich die Pflänzchen gekrümmt durch die Erddecke den Himmel entgegen strecken. Die Nährstoff und Kalk liebende Pflanze ist zweihäusig und die sehr kleinen windbestäubenden gelblich-grünen Blüten kann man von März bis April bewundern. Die männlichen Blüten haben zahlreiche Staubblätter. Schon seit der Antike hatte man die unterschiedliche Gestaltung der Blüten beobachtet und daraus abgeleitet, dass man durch die Verabreichung unterschiedlicher Pflanzen das Geschlecht der Nachkommen beeinflussen könne, was aber nur in 50% der Fälle geklappt hat.

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Beim Einjährigen-Bingelkraut (Mercurialis annua) bildet die Pflanze bis zu 1.3 Milliarde Pollen aus und die Samen werden bis zu 4 Meter weit fortgeschleudert. Die mehrjährige krautige Pflanze, die in Lehm- und Kalkgebieten oft in großen Gruppen auftritt, kommt von Europa und Vorderasien bis zum Iran vor und erreicht eine Wuchshöhe zwischen 15 und 30 cm. Die Entwicklung von Samen ist bei ausbleibender Bestäubung auch durch eine ungeschlechtliche Fortpflanzung möglich (Apomixis).

 

Anwendung

So lautet eine alte Anwendung: „In einer Hühnerbrühe gekocht, vertreibt es das Phlegma und die Melancholie.“

Mercurialis treibt Stuhl, Harn, Schleim und vertreibt die Melancholie.

Man gab das Kraut bei Magen- und Darmerkrankungen, Verstopfungen, Appetitlosigkeit, Anorexie, Leber – und Blasenerkrankungen, Wassereinlagerungen, Rheuma, Gicht, Syphilis, Gonorrhöe, als Pestmittel, ferner bei Brustverschleimung, Husten, Lungen- und Bronchialkatarrh, zu schwacher oder ausbleibender Monatsblutung , um die Nachgeburt zu fördernd, zur Geburtseinleitung ist es Wehen fördernd und wirksam bei allgemeiner Erschöpfung.

Bewährt hat es sich in der Homöopathie auch bei rheumatischen Schmerzen mit Ergriffensein des Herzens und des Perikards, bei Grippe mit Zerschlagenheitsgefühl in allen Gliedern, Erkältungskrankheiten, Sehstörungen, Hämorrhoiden, Fisteln und Haut-und Augentzündungen. In den Büchern des Mittelalters war das Bingelkraut Bestandteil einer Hexensalbe, die gemäß einer alten Rezeptur 9 verschiedene Kräuter enthalten.
(Madaus)

 

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Moderne Anwendung:
Außer in der anthroposophische Medizin wird das Waldbingelkraut leider nur noch sehr selten in der Phytotherpie als Kraut im Tee oder Tinktur eingesetzt was sehr schade ist. Bei mir kommt es aber noch des öfftern in Teemischungen vor.

Indikationen von anthroposophischen Arzneimittel als Salbe, Zäpfchen oder Augentropfen sind:

Chronisch-entzündlichen Prozessen, Milchstau, Lymphknotenentzündungen, Ekzemen, Entzündungen, Verbrennungen, Hämorrhoiden sowie trockene Augen oder Bindehautentzündung. Nach neusten Untersuchungen hat es eine entzündungswidrige Wirkung über Hemmung der Entzündungskaskade COX-2 und eine Stimmulation des Immunsystemes.

 

Wald Bingelkraut, Mercurials perennis, Phyto, Pflanzenheilkunde, George Brasch, Heilpraktiker, Heilpflanzenkunde, Kräutermedizin, Heilpraktiker, HeilpflanzenkundeInhaltsstoffe

  • Flavonoide: Rutin, Quercetin, Kaempferol, Isorhamnetin
  • Bitterstoffe: Diterpene, einschließlich Mercurialin, Mercurialidien und Mercurialamin
  • Saponine: Mercurialissaponin, Mercurialisides A und B
  • Phenole: Kaffeesäure, Chlorogensäure, Ferulasäure
  • Carbonsäuren: Depside wie Phaseolussäure (Caffeoylmalat) und Mercurialissäure (Caffeoyloxoglutarat)
  • Triterpene: β-Amyrin, Ursolsäure, Oleanolsäure
  • Piperidin Alkaloide: Hermidin wird durch trocknen zu Cyanohermin und ist für die Farbgebung verantwortlich
  • Amine: Methylamin, Trimethylamin (fischiger Geruch)
  • Weitere: n-Alkylresorcine, Squalene, Tocopherole, Blausäureglycoside, Phytosterine, Salpeter, Schwefel, Ätherisches Öl.

 

Bei einer Herstellung eines wässrig-fermentierten Extrakten nach dem Homöopathischen Arzneibuch HAB kommt es zu einer komplexe Reaktionsfolge und es entsteht ein karminroter Farbstoff der jahrzehntelang stabil bleibt.

Beim trockenen des Krautes entsteht aus dem Alkaloid Hermidin ein blau-schwarzen Metallglanz in der Pflanze und kann bei medizinischer Einnahme den Urin wiederum rötlich färben. Die ganze Pflanze hat zur Fruchtreife den höchsten Wirkstoffgehalt.

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Aufgrund der tiefblauen Färbung beim trocknen wurde das Bingelkraut früher auch als Indigo angesehen und mit dunkel gefärbten Quecksilberverbindungen gleichgesetzt.

Der ebenfalls beim Trocknen entstehende, leicht unangenehme Geruch verhalf dem Bingelkraut zu seinem volkstümlichen Beinamen Stinkerich.

 

Mercurialis Augentropfen: Anregung des Flüssigkeitsorganismus im Augenbereich bei trockener Bindehautentzündung, Tränenmangel.

Mercurialis Salbe: Harmonisierung des Zusammenwirkens von Empfindungs- und Lebensorganisation in Haut und Unterhaut bei chronisch-entzündlichen Prozessen, Milchstau, Lymphknotenentzündungen, schlecht heilenden Wunden, Ekzemen.

 

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